Asherman Syndrom

Das Asherman-Syndrom – ein Gebärmutterleiden, das selten vorkommt, kaum erkannt und häufig falsch behandelt wird


Schon vor mehr als 100 Jahren warnte ein deutscher Arzt davor, bei einer Ausschabung der Gebärmutter von Frauen im Wochenbett „nicht so energisch zu kratzen“. Dennoch sind die Folgen einer solchen unsachgemäßen Ausschabung den meisten Klinikärzten bis heute nicht bekannt. Das so genannte Asherman-Syndrom (benannt nach Dr. Asherman, der 1948 dieses Syndrom genauer beschrieb) bezeichnet eine durch Verwachsungen geschlossene Gebärmutterhöhle.

Verwachsungen und Narbengewebe entstehen dann, wenn die Gebärmutterschleimhaut während eines operativen Eingriffs in ihrer Tiefe verletzt wurde, wenn also zum Beispiel statt eines stumpfen Instruments ein scharfes benutzt wurde. Kurz nach einer Schwangerschaft ist die Gebärmutterwand sehr empfindlich, weshalb besonders viele Fälle des Asherman-Sydroms als Folge von
Ausschabungen im Wochenbett bekannt sind. Aber auch andere gynäkologische Operationen wie die Entfernung von Myomen oder einer Spirale können in seltenen Fällen zu diesem Syndrom führen.

Eine Patientin mit komplettem Asherman-Syndrom – man spricht auch von intrauterinen Adhäsionen – ist unfruchtbar und hat keine Regelblutung mehr. Es gibt allerdings auch viele Frauen, deren Gebärmutterhöhle nicht ganz, sondern nur zum Teil verwachsen ist. Ihre Regelblutung wird dann entweder nur geringer oder bleibt nur deshalb aus, weil lediglich der Gebärmutterkanal durch Narben verschlossen ist. In diesem Fall spricht man von einem milden oder partiellen Asherman-Syndrom.

Grundsätzlich gilt das Asherman-Syndrom als selten. Es gibt nur sehr wenige Gynäkologen, die überhaupt die Bezeichnung kennen. Spezialisten gehen hingegen davon aus, dass dieses Syndrom viel verbreiteter ist als angenommen. Erst die relativ neuen Techniken der minimal invasiven gynäkologischen Chirurgie offenbaren, dass das Asherman-Syndrom mindestens eine von 100 Patientinnen nach einer Ausschabung betrifft. Bislang wird dennoch kaum eine Frau vor einer Ausschabung über dieses Risiko informiert.

Da diese Verwachsungen per Ultraschall nicht erkennbar sind, ist das Asherman-Syndrom am besten mit einer Gebärmutterspiegelung zu diagnostizieren. Dies kann heute als kleiner Eingriff in einer Tagesklinik – teils sogar unter örtlicher Narkose – geschehen.

Die Beseitigung der Verwachsungen gestaltet sich dagegen weitaus schwieriger: Der Operateur braucht Erfahrung in der Rekonstruktion einer Gebärmutterhöhle, bei unsachgemäßer Behandlung kann er sonst den Zustand verschlimmern.

Die Verwachsungen werden während einer Gebärmutterspiegelung – also unter Sicht mit Hilfe eines Endoskops – mit Spezialinstrumenten entfernt. Im günstigen Fall ist noch gesunde Schleimhaut in der Gebärmutter vorhanden, die sich anschließend ausbreiten und erneute Verwachsungen verhindern kann. Die Patientin hat dann wieder eine Chance, schwanger zu werden, wenngleich Folgeschwangerschaften als Risikoschwangerschaften gelten.

Ist die Gebärmutterwand so stark verletzt worden, dass keine Schleimhautreste verblieben sind, entstehen nach der Entfernung der Verwachsungen sofort neue. Dies trifft besonders jene Frauen schwer, bei denen das Asherman-Syndrom nach einer Ausschabung wegen einer Fehlgeburt entstanden ist. Sie haben dann nicht nur ihr Kind, sondern auch ihre Fruchtbarkeit verloren.

In Deutschland gibt es nur wenige Ärzte, die in der Lage sind, ein Asherman-Syndrom zu beseitigen. Bei komplettem Schwund der Gebärmutterhöhle sind es weltweit sogar nur eine Handvoll Mediziner, die über ausreichend Erfahrung für eine angemessene Behandlung verfügen.

Es bleibt zu hoffen, dass immer mehr Ärzte und immer mehr Frauen sich dieses Risikos bewusst werden und dass Mediziner mit ihren Patientinnen Alternativen zu einer Ausschabung diskutieren und diese generell vorsichtiger ausführen. Bei Ausbleiben der Regelblutung nach einer Ausschabung sollte allgemein schneller die Möglichkeit des Asherman-Syndroms in Betracht gezogen werden.

Es gibt eine deutschsprachige Online-Selbsthilfegruppe: Unter https://groups.io/g/asherman kann man sich mit seiner Emailadresse in dieser Gruppe anmelden, und sich mit anderen betroffenen Frauen austauschen.